Dienstanbieter in der Pflicht: Ehrverletzende Posts müssen auch in kerngleichen Varianten ohne erneuten Hinweis gelöscht werden

Ein Fall, der durch die analogen und digitalen Medien ging und zu beachtlichen Folgen für die Betreiber sozialer Netzwerke führte: Eine Politikerin wagte den augenscheinlichen Kampf gegen Windmühlen - und es war am Landgericht Frankfurt am Main (LG), ihre Unterlassungs- und Schmerzensgeldansprüche nach der Ehrverletzung durch Falschzitate zu bewerten.

Auf Facebook erschien ein Bild einer Bundestagsabgeordneten der Grünen, dem folgendes Zitat beigefügt war: "Integration fängt damit an, dass Sie als Deutscher mal türkisch lernen!" Dieses Zitat hatte die Grünen-Politikerin jedoch nicht getätigt. Deshalb verlangte sie von Facebook die Löschung des Eintrags. Da der Post zudem in verschiedenen Varianten mit leicht verändertem Layout oder veränderten Texten veröffentlicht wurde, klagte sie nun darauf, dass der Konzern es unterlässt, sogenannte Memes (Wort-Bild-Kombinationen) mit kerngleichem Inhalt auf Facebook öffentlich zugänglich machen zu lassen.

Die Abgeordnete hatte in Augen des LG durchaus einen Anspruch darauf, dass Varianten dieser Memes mit kerngleichem Inhalt gelöscht werden. Außerdem stand ihr wegen der Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts ein Schmerzensgeldanspruch von 10.000 EUR zu. Ein Diensteanbieter muss zwar nicht ohne einen Hinweis alle ins Netz gestellten Beiträge auf eine eventuelle Rechtsverletzung prüfen. Nachdem die Abgeordnete aber konkret darauf hingewiesen hatte, dass die ihr zugeschriebene Äußerung ein Falschzitat ist, muss sie diesen Hinweis nicht für jeden weiteren Rechtsverstoß unter Angabe der jeweilgen URL wiederholen.

Hinweis: Immer dann, wenn Menschen falsch zitiert werden und diese Zitate auch noch verbreitet werden, ist ein rechtliches Vorgehen geboten. Helfen kann dabei der Rechtsanwalt des Vertrauens.


Quelle: LG Frankfurt am Main, Urt. v. 08.04.2022 - 2-03 O 188/21
zum Thema: Sonstiges

(aus: Ausgabe 06/2022)