Endlich Rechtssicherheit: Bundesarbeitsgericht spricht ein Machtwort zu Massenentlassungsanzeigen
Gutes Timing kann bekanntlich oft über Gedeih oder Verderb entscheiden. Beim Thema der Massenentlassungsanzeigen schieden sich bislang die rechtlichen Geister darüber, wie der zeitliche Ablauf genau vonstatten zu gehen hat, um den Gesamtprozess nicht zu stören. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat diese Verfahrensfrage nun konkretisiert.
Ein Insolvenzverwalter wollte im Zuge eines Massenentlassungsverfahrens mehrere Arbeitsverhältnisse kündigen. Deshalb verfasste er eine Massenentlassungsanzeige, die gemeinsam mit einem mit dem Betriebsrat abgeschlossenen Interessenausgleich bei der Agentur für Arbeit abgegeben wurden. Am selben Tag kündigte er dann auch insgesamt 45 Arbeitsverhältnisse ordentlich betriebsbedingt. Die Kündigungsschreiben gingen den Arbeitnehmern auch am selben Tag zu wie die Massenentlassungsanzeige der Agentur für Arbeit. Mehrere Arbeitnehmer klagten daher gegen die Kündigung und meinten, die Kündigungen wären zu früh ausgesprochen worden.
Das war laut BAG jedoch nicht der Fall. Denn die nach § 17 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz erforderliche Massenentlassungsanzeige kann auch dann wirksam erstattet werden, wenn der Arbeitgeber zum Zeitpunkt ihres Eingangs bei der Agentur für Arbeit bereits zur Kündigung entschlossen ist. Sinn der Massenentlassungsanzeige ist es nämlich, dass die Agentur für Arbeit rechtzeitig über eine bevorstehende Massenentlassung unterrichtet wird, um sich auf die Entlassung einer größeren Arbeitnehmeranzahl vorbereiten zu können. Auf den Willensentschluss des Arbeitgebers zur Kündigung kann, soll und will sie dabei gar keinen Einfluss nehmen.
Hinweis: Kündigungen in Massenentlassungsverfahren sind nach diesem Urteil der letzten Instanz also nicht deshalb unwirksam, weil sie unmittelbar nach Erstattung der erforderlichen Anzeige bei der zuständigen Agentur für Arbeit ausgesprochen werden. Dieses Urteil bringt in Massenentlassungsverfahren die seit langer Zeit erwartete Rechtssicherheit.
Quelle: BAG, Urt. v. 13.06.2019 - 6 AZR 459/18
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(aus: Ausgabe 09/2019)