Prüfung erst im Erbscheinsverfahren: Nachlassgericht darf nicht vorzeitig Wirksamkeit der Erklärung zur Erbschaftsausschlagung bewerten

Ob ein Erbe die Annahme einer Erbschaft wirksam ausgeschlagen hat, ist eine Frage, die das Nachlassgericht nur im Rahmen eines Erbscheinsverfahrens prüfen darf. Sollte es darüber hinaus seine Befugnisse überschreiten - wie etwa mit der Bewertung der Wirksamkeit der Erbschaftsausschlagung -, ist damit spätestens vor Gerichten wie dem Oberlandesgericht Nürnberg (OLG) Schluss.

Die verstorbenen Erblasser hinterließen insgesamt sechs Kinder aus der gemeinsamen Ehe. Sie hatten sich aufgrund eines notariellen Erbvertrags gegenseitig zu alleinigen befreiten Vorerben eingesetzt. Zu Nacherben des Erstversterbenden wurden die gemeinsamen Kinder berufen, die darüber hinaus zu Schlusserben des Längstlebenden werden sollten. Nach dem Tod des Vaters wurde von zwei Geschwistern die Ausschlagung der Nacherbschaft erklärt - mit dem Ziel, den Pflichtteil geltend zu machen. Nach dem Tod der Mutter wurde die Erbschaft durch mehrere Geschwister ausdrücklich angenommen. In der Folge eines Rechtsstreits über den Pflichtteil zwischen den Geschwistern erklärten dann zwei von ihnen die Anfechtung der Annahme der Erbschaft - mit der Begründung, sie hätten sich über die Zusammensetzung und Werthaltigkeit des Nachlasses geirrt. Sie seien davon ausgegangen, dass der Pflichtteilsanspruch bereits erfüllt gewesen sei. Das Nachlassgericht hat daraufhin durch den Rechtspfleger einen "Feststellungsbeschluss" erlassen, in dem festgestellt wurde, dass drei der Beteiligten aufgrund einer wirksamen Anfechtung der Annahme der Erbschaft nicht Erben geworden seien. Hiergegen richtete sich die Beschwerde einer Miterbin, die im Ergebnis vor dem OLG auch erfolgreich war.

Sofern dem Nachlassgericht eine Erklärung über die Ausschlagung einer Erbschaft oder die Anfechtung der Annahme einer Erbschaft zugeht, hat das Gericht nach einer Prüfung der örtlichen Zuständigkeit lediglich die Erklärung entgegenzunehmen - auch wenn sie diese für verspätet oder unwirksam hält. Die Information der Anfechtung der Annahme oder der Ausschlagung wird lediglich an diejenigen weitergeleitet, die von dieser Erklärung betroffen sind. Das Nachlassgericht entscheidet nicht über die Wirksamkeit der Erklärung. Erst im Rahmen eines Erbscheinsverfahrens erfolgt eine Prüfung der Wirksamkeit der Erklärung. Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass durch das jeweilige Landesrecht geregelt sein kann, dass eine Erbenermittlung von Amts wegen durchzuführen ist.

Hinweis: Ausnahmsweise kann eine Überprüfung der Wirksamkeit einer Ausschlagung außerhalb des Erbscheinsverfahrens im Fall der Feststellung des sogenannten Fiskuserbrechts erfolgen.


Quelle: OLG Nürnberg, Beschl. v. 01.12.2021 - 1 W 3870/21
zum Thema: Erbrecht

(aus: Ausgabe 03/2022)

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